Cicero: Pro Marcello

     

 
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2.5. Interpretation

Zunächst erscheint die Rede für Marcellus uns als Dankesrede, vielleicht auch Lobrede an Caesar. Besonders der ausgewählte Textabschnitt verdeutlicht vor dem historischen Hintergrund die politischen Absichten der Rede. Oder, wie Michael von Albrecht treffend formuliert: "Was zunächst aussieht, wie eine Lobrede mit einer politischen Ausschweifung, ist in Wirklichkeit eine politische Rede, die als Lobrede getarnt ist." (9). Unter dem Vorwand, als Zeuge und Verteidiger für Marcellus einzutreten, verteidigt er die ganze Partei des Pompeius. Obwohl Marcellus nicht mehr verteidigt werden muss, da er ja schon durch Caesar begnadigt wurde, benutzt Cicero die Methoden der Gerichtsrede, und beweist mit Beispielen oder mit allgemeingültigen Feststellungen die "Unschuld" seines Freundes sozusagen nachträglich. Es scheint, als wolle Cicero mit diesen vielen Worten des Lobes Caesar dazu bewegen, noch weitere Milde - auch anderen Parteigängern des Pompeius gegenüber - an den Tag zu legen.

Andererseits ist mir an manchen Stellen nicht klar, ob Cicero wirklich "nur" Marcellus verteidigt, oder nicht zu einem Teil auch sich selbst, schließlich führt er in dieser Rede von all seinen Gründen, "nur den für Caesar wenigst verletzenden" (10) an und weist immer wieder auf seine rein menschlichen Irrtümer und privaten Gründe hin.

Vielleicht betitelt er Pompeius deshalb nicht mit Namen, sondern nennt ihn nur "homo". Als einzige weitere Stelle in Ciceros Reden, in der er "homo" mit "sequor" kombiniert, hat diese Umschreibung einen abschätzigen Klang: "nam nequam hominem secutus esset - unter was für einem Lumpen er gedient hatte" (11). Daher ist es möglich, dass Cicero diese Wortverbindung bewusst immer so wählte, dass der betreffende Mensch eher negativ dargestellt wurde. Da jedoch die Philippischen Reden erst nach der Ermordung Julius Caesars verfasst wurden, kann es nicht sein, dass Cicero sich direkt an ihr für die Rede für Marcellus orientierte.

Klar ist jedoch, dass Cicero seine eigene Anerkennung nutzt, um Marcellus, seinem Freund und Nachahmer, zu helfen und die Begnadigung, die er selbst erfahren hat, allgemein gültig zu machen.

(9) Albrecht, M. v.: Ciceros Rede für Marcellus, epideiktische und nicht-epideiktische Elemente, S. 9
(10) Richter, F., Eberhardt, A.: Ciceros Reden, S. 26
(11) Phil.II, 61, Übersetzung: Fuhrmann


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