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2.4. Historischer Kontext
Um einige Textstellen besser verstehen zu können, ist die Kenntnis
des historischen Hintergrundes von Nöten.
Nachdem Caesar sich im Jahr 50 v. Chr. in absentia (er befand
sich noch in Gallien) erneut um das Konsulat bewerben wollte, sollte er
- wegen Befürchtungen des Senates - seine Truppen entlassen. Da er
als Privatmann aber gerichtlich belangt werden konnte, überschritt
er am 11.1.49 den Rubicon. Damit begann der Bürgerkrieg zwischen
Caesar und Pompeius, den man mit der Verteidigung des Staates beauftragt
hatte. Cicero, der gerade aus seiner Provinz Kilikien zurückgekehrt
war, setzte sich "leidenschaftlich für einen Vermittlungsvorschlag
und für die Erhaltung des Friedens" (5) ein.
Cicero stand buchstäblich zwischen den Fronten und wußte nicht,
welcher Partei er sich zuwenden sollte. Sowohl Caesar als auch Pompeius
hatten sich ihm gegenüber wohlwollend und freundlich gezeigt. Mit
seinem plötzlichen Abzug aus Rom hatte Pompeius sein Vertrauen aber
schwer erschüttert, lag Cicero das Wohl der Stadt doch am meisten
am Herzen. Doch auch Caesars Besuch in der Villa Ciceros am 28. März
49 half wenig bei der Entscheidung, da er durch Caesars Mannen und dessen
Versuche, ihn zum Bleiben und Beraten zu überreden, schockiert war.
Nach der Niederlage der Pompeianer bei Pharsalos und dem Tod des Pompeius
wurde Cicero aufgefordert, den Oberbefehl zu übernehmen, doch auch
hier plädiert er für den Frieden und lehnte das Angebot ab.
Diese Bemühungen um den Frieden betont Cicero in jeder der drei Caesarianischen
Reden. So sagte, als er für Ligarius spricht: "Pacis equidem
semper auctor fui, sed tum sero; erat enim amentis, cum aciem videres,
pacem cogitare. - Zwar bin ich stets für den Frieden eingetreten,
doch damals war es zu spät: nur ein Verrückter hätte ja
angesichts der Schlachtreihen noch an Frieden gedacht." (6)
Und auch in der Rede für den König Deiotarus versichert er:
"Tum vero exercitu amisso ego, qui pacis semper auctor, post Pharsalicum
autem proelium suasor fuissem armorum non ponendorum, sed abicien dorum,
hunc ad meam auctoritatem non potui adducere... - Und selbst hernach,
als es um unser Heer geschehen war, da habe ich, der ich stets für
den Frieden eingetreten bin und nach der Schlacht von Pharsalos erst recht
drängte, die Waffen zu strecken, ja wegzuwerfen, den Mann nicht von
der Richtigkeit meiner Auffassung überzeugen können."
(7)
Diese Absage an die Pompeianer führte aber zu einem Mordanschlag
gegen Cicero unter der Führung von Pompeius' Sohn Gnaeus.
Obwohl Cicero sein Angebot nicht angenommen hatte, begrüßt
Caesar ihn am 25. September 47 in Brundisium herzlich und redet freundlich
mit ihm. Trotzdem war Cicero niedergeschlagen über das Verhalten
der Caesarianer und das Leid seiner Freunde.
Während des Bürgerkrieges war Caesar zwar für seine clementia
bekannt, dennoch bestanden Zweifel, ob er diese auch noch nach seinem
Sieg bei Munda an den Tag legen würde. Wie nach jedem bisherigen
Bürgerkrieg erwartete man "Proskriptionen und Racheakte der
Caesarianer" (8), weshalb Caesars Begnadigungen
viele Pompeianer sehr verwunderten.
(5) Giebel, M.: Cicero, S. 85
(6) Lig. 28, Übersetzung: Fuhrmann
(7) Deiot. 29, Übersetzung: Fuhrmann
(8) Ewert, G.: Ciceros Rede Pro M. Marcello als bedeutsames zeithistorisches
Dokument, S. 405
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